EU-Planspiele 2023

Politikerfahrung ganz praktisch

Mit der Unterstützung von Europe Direct Düsseldorf fanden am 21.02.23 in Düsseldorf zwei Veranstaltungen nach einem jecken Wochenende statt. (Helau!) Rollten am Tag zuvor noch geschmückte Wagen durch die Karnevalshochburg, die das eine oder andere politische Ereignis karikierten, so ging es am „Veilchendienstag“ am Friedrich-Rückert-Gymnasium hochpolitisch weiter: Parallel wurden die Planspiele „Fokus Balkan“ und „SOS Europa“ gespielt.

Bei dem Planspiel Fokus Balkan wurden 21 Schülerinnen und Schüler erst in die Thematik des Balkans hineingeführt und der institutionelle Aufbau der Europäischen Union den Schülerinnen und Schülern nähergebracht. Anschließend wurden die Schülerinnen und Schüler in Gruppen aufgeteilt, um die Verhandlungen zum Kandidatenstatus zwischen der EU und den Ländern Albanien, Bosnien und Herzegowina und Nordmazedonien im Rahmen des Planspiels starten lassen zu können. Die beitrittswilligen Länder Albanien, Nordmazedonien und Bosnien und Herzegowina wurden jeweils von zwei Schülern vertreten. Seitens der EU war die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat der EU an den Verhandlungen beteiligt. Im Laufe des Planspiels stellte sich jedes der beitrittswilligen Länder den unterschiedlichen EU-Institutionen vor. Nach drei Gesprächsrunden hatte jede Institution von jedem beitrittswilligem Land ausreichend Informationen, um in die Abstimmung zu gehen. Hierfür sprach erst die Kommission eine Empfehlung für jedes der drei Länder an das Parlament aus. Auf die Empfehlung folgte die Abstimmung im Parlament und im Rat und heraus kam, dass lediglich Albanien überzeugend genug für einen Beitrittskandidatenstatus war. Die Anträge von Bosnien und Herzegowina und Nordmazedonien wurden hingegen von de EU abgelehnt.

In „SOS Europa“ simulierten die Teilnehmenden einen Sondergipfel des europäischen Rats, der einberufen wurde, um die Flüchtlings- und Asylpolitik der EU zu diskutieren. Eine Lösung musste schnell gefunden werden, denn es droht der „Italexit“: Im Szenario des Planspiels sieht sich Italien dem Strom von über das Mittelmeer in die EU flüchtenden Menschen nicht gewachsen und fordert helfende Maßnahmen der EU.
In der Einführung vor dem Planspiel prüften die Teilnehmenden ihren Kenntnisstand über die aktuelle Situation heute (Flucht 2022/2023) und über die sog. „Flüchtlingskrise“ 2015 und frischten ihr Wissen über wichtige Begriffe und Abkommen der EU auf. Danach wurden die Rollen für das Planspiel gelost. Im einberufenen Sondergipfel tagten Staats- und Regierungschefs der EU, die Kommissionspräsidentin und die Ratspräsidentin. Nach einer ersten Statement- und Vorstellungsrunde wurde die offene Debatte eingeläutet, die gekonnt von der Rolle der Ratspräsidentin geführt wurde. Vertreten wurde außerdem die Rolle der Kommissionspräsidentin, die zu lösungsorientierten Diskussionen animierte und betont auf die humanitäre Notlage der Geflüchteten hinwies. Schnell stellte sich heraus, dass es politische Lager gibt, die mögliche Lösungen über andere bevorzugen. Hilfe vor Ort in den Herkunftsländern, eine Quotenregelung für die Verteilung Flüchtender und Stärkung der Außengrenzen waren nur einige Punkte, die diskutiert wurden. In informellen Debatten konnten Deals geschlagen und Allianzen gebildet werden. Denn klar wurde: Um eine gemeinsame Lösung zu finden, müssen Kompromisse fallen. Nach einer intensiven Debatte wurde abgestimmt. Mit der Abschlusserklärung des europäischen Rats endete der Sondergipfel zur Flüchtlings- und Asylpolitik der EU und damit auch das Planspiel.
Die Veranstaltung war damit jedoch noch nicht vorbei. Selbstreflektiert gingen die Teilnehmenden auf ihre Erfahrungen während des Planspiels ein – wie war es, eine fremde Position zu vertreten? Wie wurde der politische Entscheidungsprozess wahrgenommen? Was gab es für Schwierigkeiten? Die Teilnehmenden konnten durch die Debatte erfahren, warum Konsens-Findungen so komplex sein können. In einer intensiven Nachbesprechung wurden politische Entscheidungsfindungen in der EU besprochen, aber auch der Umgang mit dem Thema „Flucht“. Ein weiterer Fokus der Reflexion war die Situation von Flüchtenden im Jahr 2015 im Vergleich zum Jahr 2022 vor dem Hintergrund des Ukrainekonflikts. Mit viel Empathie für Flüchtende aber auch Verständnis für die komplexe politische Lösungsfindung diskutierten die Teilnehmenden unter Anleitung die Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Wie ist die Reaktion der Gesellschaft? Gibt es Unterschiede in der Akzeptanz? Was könnten Gründe dafür sein?
Das Planspiel wurde in einem abschließenden Blitzlicht-Feedback von den Teilnehmenden sehr positiv bewertet. Besonders hervorgehoben wurde der Perspektivwechsel durch die Rollenübernahme, die Debatte im Gremium und der in der Reflexion stattfindende Fokus auf den Ukrainekonflikt mit Vergleich der Situation Flüchtender 2015 und 2022.

Die regen thematischen Diskussionen in beiden Planspielen zeigen, dass es ein großer Erfolg war, den Schülerinnen und Schülern die Funktionsweise der Europäischen Union näherzubringen. Auch zeigen die Diskussionen, dass die Schülerinnen und Schüler neues Wissen zu der Thematik des jeweiligen Planspiels generieren konnten.

Hier einige Statements von Schülerinnen und Schülern:

Man konnte sein Wissen aus dem Unterricht schon gezielt einsetzen, und ich habe das Gefühl, dass ich die Kopenhagener Kriterien nicht mehr vergessen werde. (Yasmin)

Man hat jetzt ein besseres Verständnis für die Prozesse in den verschiedenen Organen der Europäischen Union. (Chris)

Man kann sich jetzt auch besser vorstellen, wie so etwas ablaufen würde, da es sehr realistisch gestaltet wurde. (Johanna)

Jetzt weiß ich auch mehr über die Länder Europas : ihre wirtschaftliche und allgemeine Lage, ihre Politik und die Beziehungen zu anderen Ländern. (Johanna)

Durch so eine praktische „Übung“ kann man sich das viel besser vorstellen und merken.

Mir hat die Organisation des ganzen gefallen: Wir haben ja verschiedene Räume für verschiedene Organe der EU verwendet. Das hat alles viel authentischer gemacht.

Man konnte sehr gut sein Wissen vertiefen und einsetzen. (Jale)

Es war abwechslungsreich und hat einen Perspektivenwechsel geschaffen. (Zainab)

Ich finde, dass es eine interessante Idee war, und das Planspiel wurde kreativ gestaltet: Wir mussten uns zum Beispiel Namen ausdenken, damit wir beim Diskutieren uns nicht persönlich angegriffen fühlten und hatten dazu Schilder und Flaggen bekommen. Man konnte sich sehr gut in die Rolle hineinversetzen.


Wir danken dem Team von Herrn Lucht (CIVIC-Institut für politische Bildung) für die kompetente Durchführung der Veranstaltung sowie Europe Direct Düsseldorf für die Förderung beider Veranstaltungen!

 

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